Lohngleichheit: Grösste betriebliche Auswertung fällt positiv aus
Eine vom Schweizerischen Arbeitgeberverband in Auftrag gegebene Erhebung der Universität St. Gallen zeigt, dass 99.3 Prozent der ausgewerteten Unternehmen das Gleichstellungsgesetz einhalten. Gleichwohl sind weitere Anstrengungen angezeigt, um die Lohndifferenzen zwischen den Geschlechtern weiter zu verringern.
Mit dem revidierten Gleichstellungsgesetz wurden Arbeitgeber mit 100 oder mehr Mitarbeitenden dazu verpflichtet, alle vier Jahre eine Lohngleichheitsanalyse durchzuführen. Deren Ergebnisse müssen von einer unabhängigen Stelle geprüft und spätestens bis Ende Juni 2023 gegenüber den Mitarbeitenden und Aktionären kommuniziert werden. Die Debatte um die Einordnung der Ergebnisse ist bereits längst im Gange, obwohl bisher ein repräsentatives Gesamtbild fehlte. Die bis anhin grösste Datensammlung zu Lohngleichheitsanalysen in Schweizer Unternehmen klärt nun viele offene Fragen.
615 Betriebe ausgewertetDas Competence Centre for Diversity and Inclusion (CCDI) der Universität St. Gallen hat im Auftrag des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes (SAV) eine Umfrage bei Unternehmen mit 100 und mehr Mitarbeitenden durchgeführt. Dabei konnten die Ergebnisse der betrieblichen Lohngleichheitsanalysen von insgesamt 615 Unternehmen mit rund 550’000 Mitarbeitenden zusammengetragen werden. Mit der Erhebung werden rund 10 Prozent der Unternehmen, die eine Lohngleichheitsanalyse durchführen mussten, abgedeckt.
Da die Unternehmen unterschiedliche Methoden zur Erhebung der Lohngleichheit verwenden, fokussiert sich die detaillierte Auswertung des CCDI auf die Unternehmen, welche das Lohngleichheitsinstrument des Bundes Logib verwendet haben. Diese Methode ist am weitesten verbreitet und wurde von 461 der befragten Unternehmen angewandt. Gleichzeitig zeigt sich, dass auch die Unternehmen, die andere Methoden verwenden, die Vorgaben des Bundes grossmehrheitlich einhalten. So weisen 89 Prozent der Unternehmen, die nicht Logib verwendet haben, keinen Geschlechtereffekt auf.
Unerklärte Lohndifferenz von 3,3 Prozent
Unter Berücksichtigung der berufsspezifischen und persönlichen Merkmale zeigt die Datensammlung eine durchschnittliche unerklärte Lohndifferenz von 3,3 Prozent. Von den insgesamt 461 Unternehmen, die Logib verwendeten, halten 458 Unternehmen die Vorgaben des Gleichstellungsgesetzes ein – dies entspricht einem Wert von 99,3 Prozent. Nur 3 Unternehmen haben die vom Bund festgelegte Toleranzschwelle von 5 Prozent überschritten.
Die Erhebung zeigt, dass die Vorgaben des Bundes sowohl über die Branchen als auch über die Regionen hinweg in den allermeisten Fällen eingehalten werden. Zwar gibt es Unterschiede, diese bewegen sich jedoch in einem sehr engen Band und innerhalb der Toleranzschwelle.
Arbeitgeber halten sich an ihre Pflichten
Die Arbeitgeber sehen sich durch diese positiven Resultate in mehrerlei Hinsicht bestätigt. So beweist die Erhebung, dass die Zahlen zur unerklärten Lohndifferenz, welche die Gewerkschaftsseite in der politischen Debatte verwenden, überrissen sind. Gleichzeitig zeigt sich, dass die betriebliche Realität in Sachen Lohngleichheit deutlich positiver aussieht, als es die Zahlen der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung LSE des Bundesamtes für Statistik erahnen lassen. Der SAV erwartet, dass diese positiven Zahlen aus der betrieblichen Realität auch in die politische Debatte einfliessen.
Gleichwohl sind weitere Anstrengungen angezeigt, um die Lohndifferenzen zwischen den Geschlechtern weiter zu verringern. Dabei gilt es bei den Ursachen anzusetzen. Dazu gehört im Wesentlichen, dass Frauen im Vergleich zu den Männern deutlich häufiger Erwerbsunterbrüche aufweisen. In Anbetracht dessen gilt es Rahmenbedingen zu schaffen, die es Frauen ermöglichen, auf gleiche Weise wie die Männer am Erwerbsleben teilzunehmen – die Vereinbarkeit von Privatem und Beruf ist hierbei wichtig. «Wenn zudem Frauen vermehrt auch in bisher von Männern dominierten Berufen vordringen, um dort eine berufliche Karriere anzustreben, werden sich die Lohnunterschiede in den nächsten Jahren weiter verringern», erklärt Daniella Lützelschwab, Leiterin Ressort Arbeitsmarkt des SAV.