Ferien-Debatte: Es braucht flexible Lösungen
Eine von Gewerkschaftsseite lancierte Petition fordert acht Wochen Ferien für Lernende. Aus Sicht der Arbeitgeber wird eine staatlich verordnete, substanzielle Erhöhung der Ferienwochen den vielfältigen Bedürfnissen der Lernenden nicht gerecht, sondern setzt vielmehr Betriebe unnötig unter Druck. Zudem schadet diese politisch motivierte Aktion den aktuellen Bestrebungen, in der Verbundpartnerschaft konstruktive Diskussionen zur Attraktivität der Berufsbildung zu führen.
«Acht Wochen Ferien in der Lehre» lautet die Petition, die heute von Gewerkschaftsseite eingereicht wird. Diese Forderung mag verlockend klingen, ist aber realitätsfremd und gefährdet das Erfolgsmodell der dualen Berufsbildung.
Gleicher Abschluss in weniger Zeit? Nicht für alle Branchen und Lernende möglich
Die Berufslehre in der Schweiz funktioniert deshalb so gut, weil sie auf den Arbeitsmarkt abgestimmt ist. Das heisst, dass junge Fachkräfte so ausgebildet werden, dass sie anschliessend im Arbeitsmarkt direkt eingesetzt werden können. Damit wird ein möglichst effizienter Übergang von der Lehre in den Berufsalltag für beide Seiten – Betriebe und Arbeitnehmende – ermöglicht. Soll dies so bleiben, müssen die erforderlichen Kompetenzen und damit die Lernziele auch in Zukunft erreicht werden. Bei einer Erhöhung der Ferien wird die Anwesenheit im Betrieb reduziert. Folglich haben die Lernenden weniger Zeit, diese Lernziele zu erreichen. In gewissen Branchen und für gewisse Jugendliche und Ausbildungsbetriebe ist dies möglich. Andernorts kann dies aber zu einer Reduktion der Ausbildungsbereitschaft führen – was mit einer allgemeinen Reduktion der Lehrstellen einhergehen kann. Ebenso werden insbesondere schulisch schwächere Lernende stärker unter Druck gesetzt.
Branchenspezifische Empfehlungen und individuelle Regelungen bereits möglich und sinnvoll
Der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) spricht sich für eine flexible Gestaltung der Rahmenbedingungen in den Branchen und Betrieben aus. Bereits heute besteht dank der Vertragsfreiheit die Möglichkeit, dass Branchen oder Betriebe mehr Ferien mit ihren Lernenden vereinbaren. Dies wird auch so gelebt: Lernende im Bauhauptgewerbe haben beispielsweise sechs Wochen Ferien, einige Betriebe bieten auch in anderen Branchen mehr als die gesetzlich geregelten fünf Wochen Ferien an. Es ist also wichtig, dass diese Flexibilität beibehalten wird und nicht pauschal mehr Ferien für alle Lernenden staatlich verordnet werden.
Die Anerkennung der Berufsbildung soll gezielt gestärkt werden
Die Wirtschaft trägt die Berufsbildung entscheidend mit und verantwortet daher auch die Ausbildung von Jugendlichen. Das einzigartige Ausbildungsmodell ist aber kein Selbstläufer, die Betriebe beteiligen sich freiwillig daran. Aktuell laufen Arbeiten in der Verbundpartnerschaft zur Stärkung der Attraktivität der Berufsbildung. Die Ergebnisse sollen am Spitzentreffen der Berufsbildung im November unter der Leitung von Bundesrat Guy Parmelin diskutiert werden. Für den SAV ist es zentral, dass der gesellschaftliche Stellenwert der Berufsbildung gestärkt wird. Dafür muss die Berufsbildung wieder weniger politisch motiviert und stattdessen mehr evidenzbasiert und branchenspezifisch weiterentwickelt werden. Nur so wird das Schweizer Erfolgsmodell auch in Zukunft von der Wirtschaft mitgetragen und den Jugendlichen ein passgenauer Anschluss in den Arbeitsmarkt ermöglicht.
Der Artikel stammt von der Website des Schweizerischen Arbeitgeberverbands.